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Bars und Prostitution in Bangkok zur Zeit König Chulalongkorns

Thailandische Frauen Anfang des 20. Jahrhunderts

Von Hans Michael Hensel

Weil immer wieder sehr viel Viertelwissen über die ‹Erfindung› der Prostitution und des Barbetriebs in Thailand und insbesondere in Bangkok verbreitet wird, hier mal zur Abwechslung ein paar Fakten: Wahr ist, daß Asien schon immer Reisende anzog, die exotische Weiblichkeit schätzten.

Hinweis: Zu diesem Thema existiert bereits eine Diskussion im Forum mit weiteren  Abbildungen und Literaturhinweisen: www.forumthailandtip.com/topic=1511

Schon die Casados, die in Asien niedergelassenen Portugiesen, die zuerst mit dem alten Ayutthaya bzw. mit den dortigen chinesischen Kaufleuten handelten, waren keine Kostverächter. Im 16. Jahrhundert hielten sie sich jedenfalls ‹Afrikaner für den Dienst, Japaner als Leibwache und Kanonenfutter, Chinesen für die Küche und Sklavinnen vierundzwanzig verschiedener Nationen fürs Bett.› Quelle: Ronald Daus: Die Erfindung des Kolonialismus. Wuppertal 1983, 60.

Auch ist es keine Erfindung des 20. Jahrhunderts, daß sich in Bangkok ausländische Investoren in dieser Branche betätigen. Ein Etablissement um 1900 hieß zum Beispiel Splendid Bar & Restaurant. Es wechselte wohl ebensooft die Besitzer, wie das in den Rotlichtgegenden der Engelshauptstadt noch heute der Fall ist. Um 1900 führte die Bar der 1874 in Czernowitz in der Bukowina geborene Abraham Ausländer, der aus Schanghai nach Bangkok kam.

(In diesem Zusammenhang ist interessant, daß aus Czernowitz auch die Dichterin Rosalie Scherzer stammte, die sich den Künstlernamen Rose Ausländer gab, obwohl in ihrer engeren Verwandtschaft offenbar niemand so hieß.)

Abraham Ausländers offiziell zur Bedienung angestellten Frauen zogen jedenfalls schon zu König Chulalonkorns Zeiten die Kundschaft an. Auch einheimische Prinzen schlugen sich hier Nächte um die Ohren und vergaßen hinterher gelegentlich, den Geldboten zu schicken, wenn die Rechnung etwas höher als geplant ausfiel.

Nur weil solche Dinge gelegentlich aktenkundig wurden, kennt man heute noch die Namen solcher Bars: 1908 prozessierte Ausländer gegen Mom Luang Tum und Mom Luang Goi, zwei Sprößlinge des mächtigen Chao Praya Thewet (hat mit dem Thewet-Palast im gleichnamigen Bangkoker Stadtteil zu tun). Die lieben Söhnchen wollten oder konnten ihre bei Khun Abraham gemachte Zeche nicht zahlen. Erst nach einer Intervention des Generalberaters der siamesischen Regierung, des Amerikaners Westengard, wurden die Schulden dann doch noch bezahlt.

Sogar westliche Prostituierte verstärkten damals das Angebot. Auch ihre Namen wurden gelegentlich aktenkundig. So hielt sich eine 1887 geborene Sarina Derner ab 1908 mindestens neun Jahre in Siam auf. Zuvor war sie schon in Bombay als Prostituierte tätig gewesen. 1917 wurde sie wie alle Deutschen und Österreicher interniert und ihr Guthaben bei der Banque de l’Indochine in Höhe von 25 000 Ticals beschlagnahmt. Auch eine ungarische Prostituierte namens Malvine Elles ist überliefert. Die 30jährige wurde 1917 nach der Kriegserklärung Siams an Deutschland und Österreich-Ungarn ebenfalls interniert. Theresa Fränkel, die in der Engelsstadt ihr Auskommen gefunden hatte, verließ Bangkok 1911 nach der Heirat mit einem Briten. Nach Akten der ehemaligen k.u.k. Gesandtschaft in Bangkok lebten weitere Prostituierte aus der Donaumonarchie in Bangkok, deren Namen aber nicht überliefert sind.

Geradezu berühmt war Anna Donal, die ‹Löwen- und Wolfdresseurin› als Beruf angab, als sie nach Siam kam. In Bangkok brachte sie es zur Alleinbesitzerin der Deutschen Bierhalle. Frau Donal war zweifellos eine bemerkenswerte Frau. 1907 wurde sie wegen Mißhandlung eines Siamesen angeklagt und zur Zahlung von zehn Ticals (damals etwa 15 Reichsmark) an den Verprügelten sowie zum Ersatz der Verfahrenskosten verurteilt.

Quelle: Orasa Thaiyanan: Die Beziehungen zwischen Thailand [Siam] und Österreich-Ungarn 1869–1917. Wien: 1987.

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