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Ernst von Hesse-Wartegg: Wer war der Autor von "Siam. Das Reich des weißen Elefanten"?

Auf der Thaistudien Konferenz an der Humboldt Universität Berlin am 15. und 16. Juni 2012 stieß ein Vortrag von Prof. Andreas Hartmann (Münster) auf besonderes Interesse. Er befaßte sich mit einem der wichtigsten Reiseschriftsteller des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, Ernst von Hesse-Wartegg.

Ernst von Hesse-Wartegg (* 1851 oder 1854, † 1918).

Das Buch "Siam. Das Land des weißen Elefanten" blieb jahrzehntelang "das" deutsche populär geschriebene Standartwerk über das heutige Thailand.

Ernst von Hesse-Warteggs Bücher zeichneten sich allesamt durch opulente Ausstattung und aufwendige Bebilderung aus. Und gut geschrieben waren sie auch. [Fotos (3): Archiv und Bibliothek Villa Segeniz]

Hinweis: Weitere Berichte über die Berliner Thaistudien Konferenz an der Humboldt Universität finden Sie hier.

Von Hans Michael Hensel

Berlin. Ernst von Hesse-Wartegg war unter anderem der Autor des 1899 erschienenen, opulent ausgestatteten und reich bebilderten Buches Siam. Das Reich des weißen Elefanten, das noch heute in jede ernstzunehmende Thailand-Bibliothek gehört.

Über die Herkunft dieses vielgelesenen Autors, der mit seiner Frau, der berühmten Opernsängerin Minnie Hauck, schon lamge vor der Erfindung der Jets eine Art frühes Jet Set Leben zwischen der Riviera, Luzern, London und New York führte, und aus dessen rund 30 Büchern Karl May ebenso wie Mark Twain zahlreiche Details übernahmen, weiß man fast nichts. Er soll österreichischer Baron, Geheimer Hofrat und Generalkonsul von Venezuela gewesen sein, allerdings hat ihn Hartmann bei den Recherchen zu seinem Berliner Vortrag in den normalerweise zuverlässigen zeitgenössischen Adelskalendern nicht gefunden.

Seit 1891 lebte der Schriftsteller mit seiner Frau in der zum „Warteggschlössli“ gewordenen Villa Triebschen bei Luzern, die 1860-72 Richard Wagner als Domizil gedient hatte. Dort trafen sich die Berühmtheiten der Welt, wenn Hesse-Wartegg nicht gerade auf Einladung in einem Londoner Club oder als gern gesehener Gast in einem der zahlreichen europäischen Adelshäuser residierte, wo er seine Gastgeber mit seinen Reiseberichten in kleiner oder größerer Runde entzückte, während seine Frau nicht selten private Gesangseinlagen zum Besten gab.

Trotz intensiver Suche war es Andreas Hartmann nicht gelungen, das Rätsel der Herkunft von Hesse-Wartegg zu lösen. Angesichts der Verbreitung seiner Bücher sind die Einträge in den Lexika denkbar knapp. Der Schriftsteller starb am 8. Mai 1918 und hinterließ seiner Frau möglicherweise vor allem Schulden, wie Prof. Hartmann jedenfalls vermutet.

Tatsache sei, daß der berühmte Ehemann in den Memoiren seiner Frau kaum erwähnt wird, nur ein einziges Bild von ihm ist in dem Buch vorhanden. Der Nachlaß der Ehefrau befindet sich in Luzern, die Anna Amalia Bibliothek in Weimar verdankt Hesse-Wartegg wertvolle Schriften, einige thailändische Handschriften fanden erstaunlicherweise sogar ihren Weg ins Nordseemuseum in Husum, wie Prof. Volker Grabowsky (Hamburg) ergänzte. 

Merkwürdig fand in der Diskussion nicht nur Prof. Hartmann, daß es über Hesse-Wartegg bisher keine Biographie gibt, obwohl er über 30 Bücher schrieb und mit ihnen zum Teil große Erfolge feierte. Auch in der Tagespresse war das schillernde Paar, etwa bei nahezu jeder Ankunft in New York, reichlich vertreten.

Hesse-Wartegg war der deutsche Reiseschriftsteller des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Seine Bücher werden zum Teil bis heute aufgelegt. Hartmann: „Man könnte fast sagen: Über Regionen, aus denen Hesse-Wartegg und Mark Twain Ende des 19. Jahrhundert nicht berichteten, findet man heute so gut wie gar keine zeitgenössischen Berichte.“

Was sein Buch über Siam betrifft, scheint es für Hartmann im wesentlichen eine Kompilation aus Zeitungsartikeln zu sein. Bei seinem Besuch in dem Land habe sich Hesse-Wartegg wohl nur in Bangkok aufgehalten. Ob er jemals bei einem Empfang des Königs dabei war, sei aus dem Text nicht zu erschließen und auch nicht wahrscheinlich.

Der Münsteraner Professor bescheinigte Hesse-Wartegg abschließend eine „kreative Phantasie“ und schloß nicht aus, daß sich bei gründlicher Nachforschung auch die adlige Abstammung des Barons von Hesse-Wartegg als gut geschildertes Phantasiegebilde entpuppen könnte, denn eine adelige Familie "von Hesse-Wartegg" sei bisher noch nicht aufgefunden worden.

(Anmerkung: Hesse-Warteggs erste Schriften erschienen 1874 und 1875 in Leipzig unter dem Namen Ernst A. von Hesse.)

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